CARMEN

OPÉRA COMIQUE IN VIER AKTEN VON GEORGES BIZET


ERSTER AKT

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ZWEITER AKT

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DRITTER AKT

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VIERTER AKT

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FOTOS © Inka Lotz / foto-ed Meiningen 2006


PRODUKTION
 

Opéra comique von Georges Bizet
Landestheater Eisenach
Intendant: Michael W. Schlicht
Koproduktion mit dem Meininger Theater
Intendant: Ansgar Haag
Premiere Eisenach: 29. April 2006
Premiere Meiningen: 5. und 7. Mai 2006

Die Konzeption für Carmen wurde mit dem 1. Peter-Konwitschny-Nachwuchsregiepreis ausgezeichnet.

Musikalische Leitung: GMD Tetsuro Ban / Stefanos Tsialis
Regie / Bühnenbild: Michiel Dijkema
Kostüme: Claudia Damm
Dramaturgie: Stefan Bausch

Don José: Enrico Lee
Escamillo: Dae-Hee Shin
Dancaïro: Helmut Kleinen
Remendado: François Soons
Moralès: Johannes Weinhuber
Zuniga: Jürgen Orelly
Lillas Pastia: Marcus Coenen / Ernst Volker Schwarz
Carmen: Lorena Espina
Micaëla: Sabina Martin
Mercédès: Krista Kujala
Frasquita: Monika Dehler
Frau aus Sevilla: Elke Hartmann

Opernchor des Meininger Theaters
Landeskapelle Eisenach / Orchester des Meininger Theaters
Kinderchor der Max-Reger-Musikschule Meiningen / Kinderchor des Landestheaters Eisenach


PRESSESTIMMEN

„Glut-Arena fatal erotischer Begierden“

In der Glut-Arena fatal erotischer Begierden
Dijkemas klug erarbeitete „Carmen“-Regie in Eisenach

[...] Michiel Dijkema, der Gewinner des Eisenacher Peter-Konwitschny-Nachwuchs-Regiepreises, gestaltete die Inszenierung und Bühnenbild. Für seine Ideenreiche Arbeit verdient er enormen Respekt; manch erfahrener Regisseur hätte es kaum besser gemacht. Schon seine Ausgangsüberlegung, die erotisch aufgeheizte Kampfstimmung im andalusischen Glutkessel durch eine kreisrunde, einer Arena ähnlichen Plattform aus rohen Bohlen und eine Batterie rot leuchtender Heizstrahler zu symbolisieren, trifft die immanent herrschende Atmosphäre der Bizet-Oper so verblüffend einfach wie genau.
Mit behutsam verheutigter Bildsprache übersetzt Dijkema die spanischen Folklore-Attribute des 19. Jahrhunderts ins modern Globale. Den local hero Escamillo beispielsweise befördert er vom Torero zu einer aalglatt posierenden Pop-Ikone, die stets mit einem Kometenschweif aus Schlachtenbummlern und Fanartikel-Händlern auftritt. Er zeigt das Bauernmädchen Micaëla als naives Girlie oder die Arbeiterinnen in der Zigarettenfabrik als das, was sie – damals wie heute – zeitnah auch sind: bunt zerlumpte, aber lebenslustige Arme am Rande der Gesellschaft (Kostüme: Claudia Damm).
In dem verdichteten Kammerspiel schwül-schweißiger Sexualität nimmt Carmen eine überlegene, jedoch auch fatalistische Sonderposition ein: Sie erscheint nicht als sexgesteuerte Femme fatale, sondern sie benutzt ihre erotische Attraktivität als Mittel, um sich aus dem sozialen Abseits zu befreien. [...]
Milde ironisierend spielt Dijkema mit den „Carmen“-Klischees; er macht sie bewusst, ohne sie zu brechen.

Thüringische Landeszeitung
Wolfgang Hirsch
2. Mai 2006

„unbezähmbare Vitalität“

Konwitschny-Preisträger Michiel Dijkema überzeugt mit seiner Inszenierung
Opernrealismus auf der Bühne des Eisenacher Theaters. Eine Koproduktion mit der Meininger Bühne machte es möglich. Trotz ausgezeichneter Solisten wurde „Carmen“ im Premieren-Ergebnis die Choroper. Mit dem Aufgebot von Soldaten, Fabrikarbeiterinnen, Fang des Stierkämpfers, Zigeunern, Gassenjungen und schaulustigen Kindern, hat die Regie ein buntes Völkchen zusammengebracht, dessen spontanes Geschrei ein Urelement des Volkstheaters zu sein scheint und für unbezähmbare Vitalität sorgt. Bei aller Leichtigkeit, sowohl von den Schöpfern des Librettos als auch von inszenierenden Nachschöpfer gewollt, schwingt immer ein beunruhigender Ernst mit, auch ohne schon ans bittere Ende zu denken.
Das Landestheater Eisenach bekam im Vorjahr die Möglichkeit, einen Peter-Konwitschny-Nachwuchsregiepreis auszuschreiben, bekannt nach dem renommierten Regisseur, der auch bei der Premiere anwesend war. Es wurde der erste Preis dem Niederländer Michiel Dijkema zugesprochen, und mit dem Zuschlag war die Verpflichtung verbunden, seine „Carmen“ - Regiekonzeption am Landestheater zu verwirklichen. Der Premiere sollen zehn weiter Vorstellungen in Eisenach und fünf in Meiningen folgen.
Es scheint mit der Kern der ungewöhnlichen Leistung des Preisträgers in der Abweisung jeder Konvention im Umgang mit dem Chor zu liegen, so, als ob er seine Darsteller direkt von der Straße geholt hätte. Dijkema schuf auch das Bühnenbild. Um das Optische abzurunden, muss sogleich Claudia Damm (Kostüme) erwähnt werden. Es entstand die vollendete Buntheit einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. Spanisches Kolorit findet man da nur, wenn die Fantasie nachhilft, entsprechend der von Bizet mehr erfundenen als abgelauschten Folklore.

Dr. Wolfram Klante
Thüringer Allgemeine
2. Mai 2006

„Ich bin sehr froh, diese Carmen erlebt zu haben.“

„Dass Man klüger wird, ist ja keine Schande“ – Ein Gespräch mit Peter Konwitschny über Ziele zeitgenössischer Opernregie

[...] In Eisenach, wo Peter Konwitschny zum Namenspatron eines Nachwuchs-Regiepreises avancierte, sprachen wir mit ihm – nach der „Carmen“-Premiere in der letzten Reihe des Zuschauerraums.

Willkommen in der – vermeintlichen – Provinz!
Provinz ist immer nur im Kopf. Das ist keine Frage des Ortes. In der Vorstellung heute habe ganz deutlich gespürt, dass Herz und Geist angesprochen werden sollen. Ich bin sehr froh, diese „Carmen“ erlebt zu haben.

[…] Warum geben Sie Ihren Namen für den Nachwuchs-Regiepreis in Eisenach?
Als ich gefragt wurde, bin ich zuerst erschrocken, weil ich ja noch lebe. Als ich dann mehr erfuhr von dem Umfeld hier und was für eine Haltung der Intendant zur Welt und zum Theater hat, also nicht nur mein Name benutzt wird, habe ich zugestimmt. Lange Zeit habe ich mich immer nur als Sohn begriffen, von Franz und von den anderen Vätern. Nun bin ich offenbar selbst zu einem Vater geworden. Ich fühle mich geehrt.

Avantgarde-Inszenierungen finden doch wohl eher in den großen Häusern statt. Reicht für die kleinen nicht Hausmannskost?
Natürlich nicht. Ich habe ja selbst einmal in Greifswald „Gräfin Mariza“, in Altenburg „Freischütz“ oder „Satyros“ von Goethe in Anklam inszeniert. Im Gegenteil: Je höher man kommt, desto verschlafeneres Theater sieht man. Provinz muss man woanders suchen als auf der Landkarte. Von Orten, wo solche Aufführungen wie diese „Carmen“ möglich sind, kommen die eigentlichen Fortschritte her.

Wo man Zeuge wird, wie eine Handschrift entsteht?
Wo man auch das Authentische sieht. Es gibt Vorstellungen, bei denen der Vorhang aufgeht, und man weiß von vornherein, dieser Regisseur will sich nicht zeigen oder hat gar nichts zu zeigen. Es fehlt die Subjektivität, die so wichtig ist, die Wahrhaftigkeit und Authentizität. Ein Regisseur muss als Mensch etwas sagen wollen in dieser Welt.

Thüringische Landeszeitung
Wolfgang Hirsch
3. Mai 2006

„mit wachem Blick fürs Detail“

Bizets „Carmen“ ist nicht nur in der sozialen Unterschicht angesiedelt, sondern auch von unglaublicher Direktheit. Tabuthemen gibt es hier nicht. Gewalt in den verschiedensten Formen ist latent vorhanden, Korruption, Hehlerei und Schmuggelei stehen permanent auf der Tagesordnung. Von dieser Prämisse geht Michiel Dijkema (Gewinner des „Peter-Konwitschny-Nachwuchsregiepreises“) bei seiner Eisenacher Inszenierung aus. Eine sehr klare optische Lösung unterstützt seine Intentionen. Das Geschehen ist auf einer großen Holzscheibe angesiedelt. Flankiert wird diese Fläche von einer Vielzahl überdimensionaler, rot glühender Heizstrahler, die Hitze des Südens symbolisierend. Einige wenige Requisiten markieren die jeweiligen Handlungsorte. Und noch eines ist dem Regisseur wichtig: Bizets Musik. Tatsächlich ist sie nur an wenigen Stellen tragisch und schicksalsschwanger. Über weite Strecken ist sie sehr leicht, sehr rhythmisch und charakterisiert sehr treffend das vitale Treiben. Michiel Dijkema zeichnet mit wachem Blick fürs Detail Individuen und Situationen. Er macht deutlich, woraus Spannungen und Konflikte entstehen. Dass er mit diesem oder jenem Klischee bricht, empfand ich als wohltuend. So ist z.B. seine Carmen keine femme fatale. Die Männer sind nicht unbedingt die Lust ihrer Begierde, aber sie nutzt deren machohafte Befindlichkeiten, um in der Männerwelt bestehen zu können. [...] Ein Genuss!

Christoph Suhre
Der Neue Merker, Wien
17. Jahrgang / Nr. 125
Juni 2006

„eine wohl dosierte Deutungsambition“

Der Preis ist heiss
[…] Dass Dijkema dabei nicht nur Regie führte, die Bühne und eine passende, dabei höchst textverständliche Fassung nach der deutschen Übersetzung von Josef Heinzelmann einrichtete, sondern auch noch gleich zwei Premieren (im koproduzierenden und den Chor beisteuernden Meiningen) zu bewältigen hatte, fügt sich in den Anlass dieser Inszenierung mitten in der deutschen Stadttheaterlandschaft, wie sie nun mal ist. Das Resultat bestätigt die Entscheidung der Juroren. Nicht nur, weil Dijkema den Nachweis seiner handwerklichen Fähigkeiten mit einer wohl dosierten, eigenen Deutungsambition verbindet, die gleichwohl, dem Publikum gibt, was es bei “Carmen” auf keinen Fall missen will. […] Der 32jährige Regisseur bedient mit Ironie die Klischees, wie beim recht modernen Marketing-Rummel um das Stierkampf-Event und seinen Star. Zugleich bricht er sie durch die durchs Bild marschierenden Touristen oder die alte Frau aus Sevilla, die wie ein Unikum durch die Geschichte geistert. Er evoziert eine (deutlich als künstlich ausgewiesene) Hitze des Südens mit sieben Strahlerbatterien, die eine angeschrägte Holzscheibe umrahmen. An diesem Einheitsort einer sozusagen inneren Arena entfaltet sich dann ein mit allerlei bewusst auf die opéra comique zielenden, manchmal auch die Operette treffenden Beiwerk versehenes, halböffentliches Kammerspiel über die Asymmetrie von Gefühlen. Bis José am Ende, jetzt mit großer Operngeste, entsetzt über seinen Mord im Affekt über der Leiche Carmens zusammenbricht.

Joachim Lange
Die Deutsche Bühne
Juli-Nummer
2006

„eine große und großartige Carmen-Premiere [...] fantastisch“

Erste Koproduktion von Meiningen und Eisenach bot eine große und großartige „Carmen“-Premiere
Die verheerende Wirkung einer nach grenzenloser Freiheit gierenden Frau

Fantastisch der über weite Strecken tragende Regie-Einfall, das Ganze als Corrida in der Glut- und Bluthitze einer andalusischen Stierkampfarena ablaufen zu lassen. Für die physikalische Glut sorgen himmelhohe Pylone, von unten bis oben bestückt mit glutrot leuchtenden Heizstrahlern […] Auch andere Gags zeugten von einem einfallsreichen Regisseur und machten klar, weshalb Michiel Dijkema den ersten „Peter-Konwitschny-Nachwuchsregiepreis“, ausgelobt vom Landestheater Eisenach, gewann.

Insgesamt also wesentlich vielschichtiger, als so mache „Carmen“-Aufführung einreden wollte. Von wegen Carmen als femme fatale, als sexgieriges Flittchen! Michiel Dijkema versuchte unverkennbar allen Facetten der andalusischen Zigeunerin Carmen Glanz und Politur zu geben. […] Dijkema praktiziert offensichtlich peinlich genau und entsprechend erfolgreich eine Art balance of power zwischen den Charakteren.

Rudi Glaesner
Rhön- und Streubote
10. Mai 2006

„mit leichter Hand und einiger Ironie“

Unter der Sonne Andalusiens
Ein Holländer inszeniert „Carmen“ in Eisenach und Meiningen

Die gesamten Handlung mit ihren vielen Genrebildern von Zigarettenarbeiterinnen in de Mittagspause, von einem Landmädchen unter braven Soldaten, einem Abend in der Schenke, Schmugglern in den Bergen, einem Werbeauftritt des aktuellen Stierkampf-Champions bei Zigeunerinnen und Soldaten und schließlich der Vorbereitung des Stierkampfs selbst hat Dijkema mit leichter Hand und einiger Ironie auf die Bühne gebracht. Als running Gag tapert eine Alte mit einem Hackenporsche voller Gemüse durch das Spiel.
Dijkema hat sich, Bühnenbildner seiner eigenen Inszenierung, ein rundes Holzpodest als Spielfläche gezimmert, das an eine Arena erinnert. Es ist von bogenförmig angeordneten Heizstrahlern umgeben – man denkt an die gleißende Sonne Andalusiens. Der Regisseur zaubert ein Touristen-Spanien, das nur in den exotischen Vorstellungen seiner Gäste existiert, aber von diesen Träumen ganz gut lebt. Der Stierkampf-Aufmarsch ist eine einzige Merchandising-Schlacht.
Escamillo, auf einem Podest in Form eines schwarzen Stierkopfes thronend, verheddert sich in seiner schwarzgoldenen Schärpe, „nur zwei Euro, nur zwei Euro“ singt der Chor und preist Stierkopf-Tangas und Stierkopf-T-Shirts an, Stierkampf-Luftballons zerplatzen knallend. Auch die Beziehung Carmen – Don José wird vom Regisseur anfangs leichthin behandelt – bis sich der gescheiterte Soldat seiner Zigeunerin beim nächsten Liebhaber in den Weg stellt. Lieber wird sie sterben, als sich von ihm bevormunden zu lassen. Er begreift dies nicht, fleht um sein Besitzrecht an ihr, gibt sie nicht frei, sondern tötet sie.

Irene Constantin
Freies Wort / Meininger Tagesblatt
2. Mai 2006